Foto N. Herrmann

 

 

 

 

Im Klärwerk Aken ist die Wanne voll
Quelle: Mitteldeutsche Zeitung, Mittwoch 08. Dezember 2010

Wasser Extreme Niederschlags- und Grundwassersituation macht dem Abwasserzweckverband Aken zu schaffen. Enorm verschärft wird die Lage durch illegales Einleiten von abgepumpten Wasser aus Kellern.

Von Lothar Gens

Susigke/MZ - Warum Das Gegenwärtige Frostwetter den Geschäftsführer des Abwasserzweckverbandes Aken freut, und warum in dessen Brust gegenwärtig zwei Herzen schlagen, ist in kurzen Worten schlecht erklärt.

Dennoch ein Versuch dessen, der im Nachhinein noch mit Fakten und Zusammenhängen untersetzt werden soll: Der Frost freut Gerhard Elze, weil Schnee und Eis kein Regen sind, der in seine Kläranlage Aken, die sich bei Susigke befindet, eindringen und sie über Gebühr belasten kann. Er hofft damit im Zusammenhang auf eine Beruhigung der Gesamtsituation.

 „Ich hatte nicht für möglich gehalten, wie viele das machen.“

Gerhard Elze
AZV-Geschäftsführer

Zwei Herzen wohnen zur Zeit in seiner Brust, weil einerseits die Verbandsversammlung aufgrund einer sommerlichen Neukalkulation Mitte November einstimmig beschlossen hat, die Gebühren zum 1. Januar 2011 zu senken. Und zwar sollen die zentralen Einleitgebühren bei Beibehaltung der Grundgebühr um zehn Cent auf 3,34 Euro pro Kubikmeter sinken. Diesen eigentlichen Erfolg sieht Elze jedoch in Gefahr, da es seit der Neukalkulation seinen Worten zufolge jede Menge illegale Einleitungen gibt, die Grundlage für eine Preissenkung inzwischen ernsthaft gefährden. Und auch diese Tatsache hat etwas mit dem Wetter zu tun. Elze sagt: "Wenn wir im Sommer neu kalkulieren, und das zweite Halbjahr dann alles auf den Kopf stellt, wird es schwer, für die Leute billiger zu werden."

Die extremen Regenfälle der Vormonate hatten der Akener Kläranlage einen wahnsinnig hohen Zufluss an so genannten Fremdwässern beschert. Das sind im Gegensatz zu den bezahlten Abwässern die Mengen an Wasser, die zum Beispiel über das flächendeckend um rund einen Meter angestiegene Grundwasser Leitungen, vor allem auf Privatgrundstücken, infiltrieren oder über die rund 2 500 Kanaldeckel ins Netz einlaufen.

Gewöhnlich rechnet mit einem Drittel solcher Fremdwässer. Deren Anteil ist jedoch 2010 im Vergleich zu den Vorjahren auf mehr als das Doppelte der bezahlten Einleitungen gestiegen. Und das, obwohl es innerhalb des Akener Zweckverbandes kein Mischwassersystem wie in Köthen gibt. Hier sind die Abwasserleitungen - zumindest im Wesentlichen - wirklich nur für die Schmutzwässer da.

Um die Dramatik der diesjährigen Lage zu verdeutlichen, zieht Gerhard Elze einen Vergleich: "2002, im Jahr des großen Elbe-Hochwassers, lag die Abwasserablaufmenge des Akener Klärwerkes bei rund 920 000 Kubikmetern. In diesem Jahr sind wir jetzt bereits bei über einer Million Kubikmeter. Wir werden wohl am Ende auf über 1,2 Millionen kommen." Das Elbe-Hochwasser sei ein Spaß gegen das gewesen, was in diesem Jahr durch die Niederschläge passiert ist.

Und in dieser Situation wiegt es laut Gerhard Elze um so schwerer, dass unzählige Leute das Wasser, das sie aus ihren Kellern abpumpen, ins Abwassersystem des AZV Aken leiten. Bei allem Verständnis dafür, dass die Menschen in ihren Kellern trockene Füße haben und Schäden an ihren Häusern vermeiden wollen, vielleicht auch die Heizung droht, abzusaufen, könne das nicht einfach so gemacht werden. Dieses Wasser müsse dann eben in den Garten oder ins freie Gelände abgeleitet werden, aber nicht so, dass es in die Abwasserkanäle gelangt.

Um dafür Verständnis zu erreichen, habe man in diversen Orten in dieser Angelegenheit bereits Flugblätter verteilt. "Denn Kellerwasser in unsere Systeme - das geht einfach nicht mehr", sagt Gerhard Elze. Und: "Ich hatte es nicht für möglich gehalten, wie viele das machen." Das nehme Größenordnungen an, über die es sich durchaus zu reden lohne. Denn das ganze System sei für die jetzt anfallenden Wassermengen nicht ausgelegt. Weder Leitungen noch Pumpen.

Man habe inzwischen massenhaft Fotos von illegalen Einleitungen gemacht. In Einzelfällen wurden bei den Einleitern Zettel in die Briefkästen geworfen mit der Aufforderung, ihr Tun zu unterlassen. Es handele sich um eine Ordnungswidrigkeit. In Abstimmung mit dem Landkreis könne die Abwasserentsorgung auch eingestellt werden, sagt Elze. "Und das muss doch nicht sein." Man appelliere also noch an den guten Willen.

„Wenn wir bei den Leuten nicht bald auf Verständnis stoßen, kommen wir mit unserer Kalkulation vom Sommer nicht mehr hin. Dann ist die Preissenkung nur ein frommer Wunsch gewesen", macht Elze die Konsequenz von Unvernunft klar. Er erinnert an das Wohl der Allgemeinheit, die eine Preissenkung wohl durchaus begrüßen würde. Und er weiß nicht, wohin sich das nun entwickelt.